BONBONNIÈRE (34)

Meine Damen und Herren: Ich nehme Sie mit auf eine Expetition in die Tiefen der Bundestagsliegenschaften. Wir begeben uns in den folgenden Minuten auf die Suche nach Treppenhaus Null-Sechs.

Treppenhaus Null-Sechs ist deswegen von so herausragender Bedeutung, weil es der einzige Übergang vom Arbeitsbereich zur Besuchertribüne ist, die Schnittstelle zwischen dem öffentlichem und professionellem Bereich des Bundestages, kurz: Es ist die Schnittstelle zwischen Politik und gemeinem Volk.

An anderen Orten wurde von Mitarbeitern des Bundestages bisher schon vergeblich versucht, auf die Besuchertribüne zu gelangen. Die gängige Bewegungs- oder Funktionslogik im Bundestag ist folgende: Hat man mit dem Hausausweis eine der Liegenschaften einmal betreten, so kann man überall hin gelangen. Alles ist mit einander verbunden. Man kann vom Ausschuss im Paul-Löbe-Haus unterirdisch (über diverse Laufbänder) in die Kantine im Jakob-Kaiser-Haus spurten oder überirdisch, in luftigen Höhen über die Spree ins Marie-Elisabeth-Lüders-Haus wandeln. Man kann auch, wenn es das selten sonnige Hauptstadtwetter einmal erlauben sollte, unter freiem Himmel die gewünschte Destination ansteuern. Nur die Besuchertribüne, die erreicht man als Mitarbeiter des Bundestages nur über Treppenhaus Null-Sechs.

Es sei denn, man möchte sich mit den ganzen Touristen, deren Sache die Besuchertribüne eigentlich ist, in einen Aufzug zwängen. Aber das will man ja meistens nicht. Das Problem ist jedoch oft, dass man Treppenhaus Null-Sechs nicht so einfach findet. Wie oft sieht man verwirrte Praktikanten immer im Kreis um den Plenarsaal laufen, dabei versuchen sie, am imposanten Bundesadler vorbei die richtige Reichstagsecke mit Treppenhaus Null-Sechs und dem Hausausweiskontrolleur zu erspähen.

Unterirdisch gibt es einen Trick, und da sage noch einer, der Bundestag sei nicht doch nah am wahren Leben: Vom Jakob-Kaiser-Haus kommend, über das Laufband und an den Geldautomaten vorbei, erblickt man nach dem ersten Treppenhaus (das eben nicht Null-Sechs ist, zwar in verwirrender Manier einen Knopf für die Besucherebene Z besitzt aber dennoch nicht dort hält!) ein pfeilförmiges Schild: „Durstig?“ steht dort auf rotem Grund, von spritzigen weißen Sprudelblasen zu Werbezwecken umkränzt. Und da ist man richtig: Dem Pfeil darf man jedoch nicht folgen, sondern muss entgegen der angezeigten Richtung fortlaufen: Da ist Treppenhaus Null-Sechs. (dle)
nm - 27. Mär, 11:02

ach, der bundestag...

auch ich habe mich dort schon verlaufen als ich mich dort verlaufen durfte...

DAS_PROJEKT

Was die von der SZ machen, können wir auch. Warum nicht selbst 'Streiflichter' schreiben? Die BONBONNIÈRE musste also her - der Spielplatz für Gelegenheitsweltliteraten. Eine Dose voller Bon[n]bons und Bon[n]mots, jeden Freitag neu, verfasst von überambitionierten Autorinnen und Autoren aus Bonn und der Welt.

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Zuletzt aktualisiert: 21. Mai, 18:17

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