BONBONNIÈRE (7)

Karfreitag – Jesus stirbt am Kreuz. Seit Jesu Tod und Auferstehung ist der Tod zu einer Banalität verkommen. Der Tod ist nicht das Ende, sondern der Beginn eines neuen, ewigen Lebens. Das Kreuz des Karfreitages ist so zum Zeichen der Hoffnung für die Menschen geworden.

Ein solches Hoffnungszeichen könnte auch die Sozialdemokratie gut gebrauchen. Die Umfragewerte der Demoskopen sind auf einem historischen Tiefstand. Vielleicht sollte die SPD die Karwoche einmal ganz bewusst begehen und die Ereignisse der „Heiligen Woche“ als Quelle der Inspiration betrachten, da offensichtlich einige Parallelitäten bestehen.

Der sozialdemokratische Palmsonntag liegt schon fast zwei Jahre zurück. „Glück auf!“ schallte es damals König Kurt entgegen, als er zum Vorsitzenden der SPD gewählt wurde. „Völker hört die Signale!“ war seine Antwort. Er vertrieb den herzlosen Pragmatismus der Regierung Schröder aus dem Tempel der Sozialdemokratie. Er erweckte Tote zum Leben, wie etwa den demokratischen Sozialismus. Dabei erinnerte der Herr nach dem anhaltenden elektoralen Erfolg der Judäischen Volksfront, „Die Lafontainesche Linke“, allerdings eher an Goethes Zauberlehrling als an den Messias: „Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal fortbegeben, und nun sollen seine Geister, auch nach meinem Willen streben.“

Dass dies nicht gelang, zeigte sich eine Woche vor der Wahl in Hamburg. Es war zwar nicht Gründonnerstag, sondern ein Montag, besser ein Grünmontag. [Grün hat hier nichts mit der politischen Bewegung zu tun, sondern steht für das niederdeutsche „greinen“, d.h. weinen (so gesehen hat es vielleicht doch was mit der „Ich-Claudia-bin-ja-so-betroffen-Partei“ zu tun).] Bei einem Abendmahl gab der Retter der Sozialdemokratie seinen Landesverbandsjüngern ein neues Gebot: „Liebt die Linke!“ Ergriffen und überwältigt von einer solchen Geste der Liebe zu seinen Jüngern, ereiferte sich die Apostelin Andrea das Gebot des Herrn in die Tat umzusetzen. Damit lieferte sie ihn aber unfreiwillig für den Preis eines Ministerpräsidentenpostens dem Leiden aus. Nachdem man ihn vierzehn Tage lang mit einem unmenschlichen Grippevirus gegeißelt hatte, sah er sich von Pontius Populus Pilatus der Frage gegenüber gestellt: „Was ist Wahrheit?“ Eine Antwort blieb er schuldig.

Wie die Geschichte Jesu endet ist bekannt. Aber die Geschichte der SPD? Konsequenterweise können auch die Ostererzählungen der Heiligen Schrift auf die Sozialdemokratie übertragen werden. Jesus ist den Opfertod am Kreuz gestorben, damit die Menschen das ewige Leben haben. Ergo muss Kurt politisch sterben, damit die Sozialdemokratie leben kann. Er wird seinen Jüngern nach Mainz voraus gehen und noch vier Jahre unter ihnen weilen, eher er in den sozialdemokratischen Himmel aufgenommen und zur Rechten (oder doch eher Linken) Brandts sitzen wird. Aber bereits mit der Entdeckung des leeren Chefsessels der Sozialdemokratie am Ostermorgen werden die Aposteln Frank Walter und Peer den Hymnus anstimmen: „Linke, wo ist dein Sieg? Linke, wo ist dein Stachel?“

Halleluja! Frohe Ostern! (sm)
folcaire - 21. Mär, 10:23

Herr, lass den Müntessias auferstehen!

finehigh - 21. Mär, 11:30

Sehr erquicklich, das. Stammt das Gebot: "Liebe Deinen Feind" auch aus der Bibel? Stephan, Du alter Sünder!

nm - 21. Mär, 17:27

Danke, Stephan, dass du mir zuliebe die Banalität noch eingebaut hast :)

marc.holzenbecher - 22. Mär, 11:34

also ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich finde das alles hier recht banal;)

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Zuletzt aktualisiert: 21. Mai, 18:17

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