BONBONNIÈRE (14)

Irgendwie müssen die Dänen die Fußball-EM ja überbrücken. Wenn sie schon niemand mitspielen lässt. Während Deutsche, Holländer und sogar Schweden sich im Juni auf Fanmeilen und in Biergärten tummeln werden, bleibt den Dänen nur eines: das Kino. Mit „…og det var Danmark“ („…und das war Dänemark“) läuft heute ein Film an, der den einzigen fußballerischen Erfolg der allgemeinen Landesgeschichte dokumentiert. Quasi das dänische – Entschuldigung, der Begriff ist an dieser Stelle unvermeidbar – Sommermärchen. Denn, und das vergessen die meisten, Dänemark war mal Europameister. Damals, 1992, war das. Zu einer Zeit, als ein gewisser Lothar Matthäus bereits durch unqualifizierte Äußerungen auffiel und der Libero (sowohl Matthäus als auch die Position an sich) noch nicht in der Tiefe des Raumes verschwunden war. Das mit dem EM-Titel für Dänemark passierte damals mehr so aus Versehen.
(Stichwort Versehen: Die Spieler des 1. FC Kaiserslautern durften heute vor zehn Jahren die Meisterschale in den Pfälzer Himmel recken. Dabei war man gerade erst aufgestiegen und das Ganze deshalb eine unverfrorene Frechheit! Angeblich handelt es sich bei dem 1. FCK, der zurzeit gegen den Abstieg in die dritte Liga kämpft, um den gleichen Verein.)

Nun also ist endlich mal jemand auf die Idee gekommen, den dänischen Weg zum Titel zu verfilmen. Dabei ist das Drehbuch längst geschrieben und könnte schöner nicht sein:
Dänemark hatte sich eigentlich gar nicht qualifiziert, konnte kurz vor dem Turnier aber noch nachrücken, da Jugoslawien wieder disqualifiziert wurde. Die politischen Vorgänge auf dem Balkan fand man auch bei der UEFA nicht so witzig. Brian Laudrup, Peter Schmeichel und Co. mussten geradezu vom Hotelpool ins Trainingslager wechseln. Trotzdem schafften sie praktisch ohne Vorbereitung ein 0:0 gegen England (Was machen die eigentlich während der EM?). Nachdem man noch kurz Frankreich (Eric Cantona!) links liegen gelassen hatte, stand die Urlaubstruppe auch schon im Halbfinale. Die Niederlande wurden hier im Elfmeterschießen abgewatscht und zu allem Überfluss behauptete Flemming Povlsen auch noch, man würde sich hauptsächlich von Big Mäcs und Cola ernähren und das alles gar nicht so ernst nehmen. Wie bitte?! Noch kurz das Endspiel: Zwei Tore gegen Deutschland und die Sache war geritzt. Wobei die Deutschen zu dem Zeitpunkt laut Aussage des Kaisers ja eigentlich nicht zu besiegen waren…

Ob Nationaltrainer Richard Møller Nielsen nach dem Finale wohl wehmütig wurde? Ob er wohl darüber nachdachte, dass Dänemark über Jahre hinaus unschlagbar wäre, könnte man noch über das fußballerische Potential Norwegens, Südschwedens und Schleswig-Holsteins verfügen?
Wie auch immer: In diesem Jahr werden sich die Jensens, Larsens und Kristiansens wohl nicht aus den Liegestühlen – und Kinosesseln – erheben und die Sommerhäuser verlassen müssen. Sollte Frankreich nicht noch kurzfristig die Wallonie übernehmen wollen oder die Schweiz eine EU-Bewerbung androhen, dann wird wohl kein Startplatz mehr frei werden.

Doch eine Warnung sei ausgesprochen: Die Bundesligaclubs sollten Obacht walten lassen, dass ein ausgeruhter Peter Løvenkrands und ein tatendurstiger Søren Larsen nicht plötzlich auftrumpfen, Tore schießen und die kommende Saison die ihres Lebens wird. Die beiden Dänen sind nämlich – noch – in Gelsenkirchen unter Vertrag. Und eine Schalker Meisterschaft, das wäre so ein Versehen, das wirklich niemand braucht. (chö)
nm - 9. Mai, 09:47

nee, schalke als meister braucht wirklich keiner!
....nächste saison wird es natürlich endlich mal cottbus!

mh. - 9. Mai, 12:21

schalke nullfünf

früher haben frauen im fernsehen von schalke nullfünf erzählt. und heute? mann christina, wann bist du eigentlich mal zu gast bei der "viererkette"? oder löst du bald monica lierhaus ab? schade dass die dänen nicht qualifiziert sind, sonst könnte man dich zusammen mit kloppo und kerner nach dem spiel als expertin sehen!

finehigh - 30. Mai, 12:33

gääääähn

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Zuletzt aktualisiert: 21. Mai, 18:17

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