BONBONNIÈRE (15)

Die Unternehmenswelt ist verkommen. Eine – bedenkt man den Diskurs der vergangenen Wochen und Monate – leider nicht unbedingt brandneue Feststellung. Korruptions- und Lustreisenvorwürfe bei Siemens, Steuern umgehende Manager in mehr Unternehmen als es der Durchschnittsbürger wahrscheinlich denkt, Abhörattentate und vieles mehr. Man fragt sich, warum „die da oben“ sich immer mehr in die sowieso schon prall gefüllten Taschen schieben, und „uns da unten“ die Jobs kündigen. Doch Obacht! Es liegt gar nicht an der Gier derer da oben – sie können einfach nicht anders.

Nun fragt sich der kritische Leser zu Recht, wie sich ein Zwang zu illegaler Bereicherung konkret ausgestaltet. Die Antwort hat Prof. Dr. Schmitz aus Gelsenkirchen (anscheinend kann der Pott doch noch etwas mehr als Kohle und Fußball). Seiner These nach fehlt die richtige Strukturierung der Mitarbeitertypen im Unternehmen. Dem Zeitgeist entsprechend ist Herr Prof. Schmitz im Tierreich fündig geworden und hat während seinen Ausflügen in den Gelsenkirchener Zoo die Verhaltensweisen vierer Tiere isoliert, denen die vier grundlegenden menschlichen Arbeitsauffassungen entsprechen. So kommt er zu dem ausgewogenen Mix von Hai, Eule, Pferd und Giraffe. Der Einwand, dass sich die Tiere in der Natur untereinander wohl nicht wunderprächtig verstehen würden, wird hier nicht gelten gelassen. Doch nun zur Unternehmensstruktur und dem was Herr von Pierer (angeblich ja nicht) falsch gemacht hat: So sollte auf sieben Pferde unbedingt immer ein Hai kommen, da die lieben Vierbeiner bekanntermaßen Rudeltiere sind, manchmal etwas kopflos, und man braucht den Hai als Einheizer. Es kommt einem spontan das Bild eines kurz vor dem dritten Herzanfall stehenden Managers in den Sinn, mit Sportwagenschlüssen in der einen und Coffee to go in der anderen Hand. Außerdem sollte auf diese Gruppe immer eine Giraffe kommen, nicht um den Überblick zu behalten, sondern als Lieferant für gute und kreative Ideen, also der Geisteswissenschaftler im Wolfsrudel der Ökonomen. Schlussendlich sollte es immer ein bis zwei Eulen geben, die als korrekte Paragraphenlyriker den anderen erklären wo es lang geht, und den Hai von allzu fiesen Eroberungszügen abhalten.

Also: alles ganz einfach. Anstatt sich teure Consulting-Firmen zu leisten sollten unsere Firmenbosse einfach mal in den Zoo gehen oder in das industrielle Herz Nordrhein-Westfalens pilgern und sich beraten lassen, welches Pferd noch zugekauft werden sollte. Und vielleicht hätte Herr Zumwinkel eher die Eigenschaften einer Eule annehmen sollen, nachtaktiv und mit sehr guten Augen bestückt hätte er wohl die Steuerfahnder nahen sehen. (ls)
anve - 22. Mai, 14:10

Meine Frauenzeitschrift hat auch schon davon berichtet. Und man konnte dann im Selbsttest sein Tier bestimmen. Ich werde das in den nächsten Bewerbungen dann mal erwähnen.

folcaire - 23. Mai, 14:35

Vielleicht habt Ihr ja dieselbe Frauenzeitschrift? In der Frauenzeitschrift meines Vertrauens war leider nichts darüber zu lesen. Dabei wüsste ich so gern, was für ein Tier ich bin. Was für welche wart Ihr denn? Tipp: Wenn man Pferd ist, erscheint mir das für Bewerbungen weniger hilfreich. Nehmen Sie mich, ich bin wie alle anderen!
sli - 4. Jun, 15:10

ich hab den text aus einer tollen zeitung die in der mensa verteilt wurde, weiß aber den namen nicht mehr. war jedenfalls ein grandioser test, bei dem herauskam, dass ich eine mischung aus eule und giraffe bin, mich allerdings dann gefragt habe, wie man das vereinen soll... naja auf logik scheinen solche tests ja wohl generell nicht abzuzielen :)

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Was die von der SZ machen, können wir auch. Warum nicht selbst 'Streiflichter' schreiben? Die BONBONNIÈRE musste also her - der Spielplatz für Gelegenheitsweltliteraten. Eine Dose voller Bon[n]bons und Bon[n]mots, jeden Freitag neu, verfasst von überambitionierten Autorinnen und Autoren aus Bonn und der Welt.

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Zuletzt aktualisiert: 21. Mai, 18:17

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