BONBONNIÈRE (19)

Weine nicht, wenn der Regen fällt! Ach wie schön ist doch der deutsche Schlager! Er hat für jede Situation einen passenden Titel. Aber an diesem Lied lässt sich auch ablesen, in wieweit die Integration der türkischen Mitbürger in unserem Land gelungen ist. Bestimmt konnte man in allen Döner-Buden Bonns, NRWs und Deutschlands dieses schöne Lied in der Halbzeitpause des EM Spieles Schweiz gegen die Türkei hören, das uns kein geringerer als Drafi Deutscher - Gott hab ihn seelig - geschenkt hat.

Apropos, Gott! Dieser Gedanke kam mir bei der Einblendung des Halbzeitstandes. Da erschienen auf dem - durch das Regen-Treten der beiden Mannschaften arg ramponierten - Grün die beiden Nationalfahnen. Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Beide Fahnen sind Ausdruck einer religiösen Überzeugung. Aber anders als unser amerikanischer Freund - ..., wie heißt der nochmal gleich..., der war doch heute bei der Angie..., Lahm?...Duck?...ach, natürlich... Bush - also, anders als Bush werde ich jetzt nicht von einem Kampf der Kulturen, vom Kampf des Christentums gegen den Islam, vom Kampf Gut gegen Böse reden. Und schon gar nicht werde ich, wie er es tat, eine Lanze für den Beitritt der Türkei zur EU brechen.
Vielmehr will ich die Gemeinsamkeiten hervorheben: Beide Fahnen sind rot, beide haben ein weißes Symbol und beide Länder sind nicht in der EU. Aber das nur am Rande.

Nun gab es vor gar nicht allzulanger Zeit eine Diskussion beim Roten Kreuz (übrigens die komplementäre Fahne der Schweiz), dass das christliche Symbol des Kreuzes in einer interreligiösen Organisation diskriminierend auf Andersgläubige wirken könne. Zwar hat man schon den Roten Halbmond, den Roten Davidstern und den Roten Löwen als gleichberechtigte Symbole eingeführt, aber das reichte den laizistischen Kräften wohl nicht. Sie erfanden den Roten Kristall, der zwar mehr einem auf der Spitze stehenden Quadrat ähnelt, aber nun gut.

Wenn nun also jemand, wie die bayerischen Grünen mit ihrem Kruzifixverbot, auf die Idee kommt, religiöse Symbole aus Nationalfahnen zu verdrängen, kann man sich ja Alternativ bei einer künftigen Begegnung der Schweiz mit der Türkei auf eine Fahne einigen, die ein auf der Spitze stehendes Quadrat zeigt.

Als ich diese Überlegungen zu einem vorübergehenden Abschluss geführt hatte, stand es inzwischen leider 1:1, aber noch war die Schweiz nicht verloren, womit wir wieder am Anfang meiner Ausführungen wären. Denn weiter heißt es in dem schönen Schlager: "Es gibt einen der zu der hält!" Aber wer nun? Der mit dem Kreuz, oder der mit dem Halbmond? Oh mein Gott!

Auch wenn die Schweiz verloren hat, bleibt bei mir und ihr die Hoffnung, die dem römischen Kaiser Konstantin bei seiner Kreuzes-Erscheinung zugesprochen wurde: "In diesem Zeichen wirst du siegen!" (sm)
mh. - 13. Jun, 00:59

nachtrag

Die Idee zu dieser Bonbonnière kam mir am Mittwoch während des EM-Spiels Schweiz-Türkei. Jeder der schon den Blog "Alles außer Fußball" gelesen hat, kann hier eigentlich schon aufhören, denn dort habe ich meine Gedanken auch schon kundgetan. Nun suchte Anne aber beim gestrigen Spiel Kroatien-Deutschland - über das hier keine weitere Worte verloren werden müssen - jemanden, der ihre heutige Bonbonnière kurzfristig übernehmen konnte. Und da Nike meinen Artikel auch schon als Bonbonnière-tauglich bezeichnete, habe ich spontan zugesagt, konnte aber nicht auf die sonst übliche Wörterbegrenzung achten, worum ich euch hiermit um Nachsicht bitte. (sm)

anve - 15. Jun, 15:35

Die religiösen Zeichen könnten ja auch durch ein Piktogramm des jeweils regierenden Staatsoberhaupt ersetzt werden. Dann würde wenigstens die Flaggen- und Fahnenindustrie weltweit Aufschwung erleben.
Apros po Gott: Ich glaube der Benedikt hat am Donnerstag nicht ordentlich genug gebetet!!!

DAS_PROJEKT

Was die von der SZ machen, können wir auch. Warum nicht selbst 'Streiflichter' schreiben? Die BONBONNIÈRE musste also her - der Spielplatz für Gelegenheitsweltliteraten. Eine Dose voller Bon[n]bons und Bon[n]mots, jeden Freitag neu, verfasst von überambitionierten Autorinnen und Autoren aus Bonn und der Welt.

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Zuletzt aktualisiert: 21. Mai, 18:17

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